Iran und USA – über eine historische Gegnerschaft

Seit die USA das Atomabkommen mit Iran aufgekündigt haben, ist die Welt eine weitere Nuance nervöser geworden. Warum Iran den Forderungen der USA nicht nachkommen wird und wo die Ursachen für die fast reflexartige und jedenfalls kompromisslose Gegnerschaft zwischen Iran und USA liegen, zeichnet Christian Weisflog in der NZZ vom 6.7.19 nach.

Die Ereignisse des 19. August 1953 spielen eine erhebliche Rolle. Der populäre, demokratisch legitimierte Ministerpräsident Mohammed Mossadegh wird gestürzt und durch Schah Mohammed Reza Pahlavi ersetzt. Drahtzieher waren amerikanische und britische Geheimdienste. Denn sie erwarteten vom Schah einen prowestlichen, antikommunistischen Kurs.

Die Geschichte vor dem Putsch

In den 1940er Jahren kontrollierte Grossbritannien die Anglo-Iranian Oil Company. Deren Gewinn ging lediglich zu maximal 25 Prozent an Iran. Mossadegh führte damals eine Bewegung für die Verstaatlichung der Erdölindustrie an. 1951 stimmte das iranische Parlament für die Verstaatlichung und wählte Mossadegh zum Ministerpräsidenten. In der Folge verhängte die Briten ein Erdölembargo gegen den Iran und wandten sich an die USA um Hilfe. Als 1953 Dwigth D. Eisenhower (Republikaner) Harry S. Truman (Demokrat) im Präsidentenamt ablöste, wurde Großbritannien erhört, Mossadegh gestürzt und Schah Reza Pahlavi eingesetzt.

Das Schah-Regime wurde von USA und Israel gestützt. Iran lieferte Erdöl ins von arabischen Staaten belagerte Israel. Israel entsandte Militärberater in den Iran und bildete die berüchtigte Geheimpolizei des Schahs aus.

Palahvi führte säkulare Reformen nach Atatürks Vorbild ein. Der iranisch-schiitische Islamismus wird als Gegenreaktion darauf gesehen.

Revolution gegen den Schah und Erstarken des Islamismus

1979 demonstrierten die Menschen im Iran gegen den Schah. Noch damals trugen sie Porträts von Mossadegh mit sich. Revolutionsführer Ruhollah Khomeiny wusste sowohl iranische Nationalisten und Islamisten als auch Linke und Konservative hinter sich. Sie einte die Ablehnung des von den USA aufgezwungenen Schah-Regimes.

Khomeiny und sein Nachfolger Ali Khamenei waren stark durch die ägyptische Muslimbruderschaft beeinflusst. Der iranische Kleriker Navvab Safavi, Gründer der revolutionären Gruppierung Fedayin-e Islam, war eine zentrale Verbindungsfigut zwischen der Bruderschaft und dem schiitischen Islamismus. Bereits 1950 formulierte er ein Konzept für einen islamischen Staat und predigte einen offensiven Jihad, um die vom Westen verdorbenen muslimischen Gesellschaften zu befreien.

In der eigenen Ideologie gefangen

Das revolutionäre Regime des Iran war nach 1979 zur Pragmatik gezwungen. Daher enthält das theokratische Staatsmodell auch republikanische Elemente. Trotzdem muss das Regime zu seiner Existenzsicherung an seiner radikalen Ideologie festhalten. Dabei hilft es, wenn die USA oder Israel mit den Säbeln rasseln. Denn kompromissloser Widerstand gegen die Feinde ist Schmiermittel jeder totalitären Revolution. Auch der Erste Golfkrieg 1980-1988 (Iran-Irak-Krieg), bei dem USA den Irak unterstützte, vertiefte Irans Trauma von 1953 und festigt die Selbsteinschätzung als Opfer des amerikanischen Imperialismus. Der einzige Ausweg daraus ist aus Irans Sicht der kompromisslose Kampf gegen den amerikanischen ‚Satan‘ – auch wenn dieser Kampf mit dem Märtyrertod endet.

Angesichts der tiefen Gegnerschaft waren bereits die amerikanisch-iranischen Verhandlungen über ein Atomabkommen – und erst recht der ‚Atom-Deal‘ – bemerkenswert. Die Aufkündigung seitens USA nunmehr und die Forderung ‚Iran müsse ein normaler Staat werden‘, heißt nach Lesart des Iran, die amerikanische Ordnungsmacht sei im Nahen Osten zu akzeptieren. Dies scheint unrealistisch zu sein.

Iran on the globe (Afro-Eurasia centered).svg

Iran

United States on the globe (North America centered).svg

USA

Quellen und links

NZZ, Irans Regime kann vor dem amerikanischen ‚Satan‘ nicht kuschen. Eine Kapitulation wäre eine ideologische Selbstaufgabe. Eine Analyse. Christian Weisflog, Beirut, 6.7.2019

Spiegel, Iran: Details des Atom-Deals, 14.7.2019

Islamische Republik Iran – wikipedia

Vereinigte Staaten von Amerika – wikipedia

Iran und USA in historischer Gegnerschaft
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand