Klimaanlagen-Dilemma: sie kühlen uns und heizen das Weltklima an

Lang anhaltende Hitze und Trockenheit machen Mitteleuropa im Sommer 2018 zu schaffen. Von Ernteausfällen, Getreideknappheit und Futterengpässen für die Tiere wird berichtet und davor gewarnt, dass die große Hitze für obdachlose Menschen genauso gefährlich ist wie Winterkälte, da sie keine Möglichkeiten zur Kühlung und Regeneration haben. TIME berichtet in der Ausgabe vom 30. Juli 2018 von schmelzenden Straßen in Großbritannien, von Hitzerekorden von rund 40 Grad Celsius in Kalifornien und von über 70 Hitzetoten in Quebec/Kanada. Doch möglicherweise ist dieser Sommer Vorbote für zukünftige. „Wir erleben einen Hitzesommer, wie er bald zur Norm werden könnte“, mutmaßt beispielsweise Christian Speicher in der NZZ vom 4.8.2018. Was bedeutet das für die Menschen?

Die Organisation Sustainable Energy for All, die mit UN und Weltbank in Verbindung steht, geht davon aus, dass 1, 1 Milliarden Menschen weltweit keine Möglichkeit zu adäquater Kühlung haben. Die Internationale Energie Agentur (IEA) zeigt in einer Analyse vom Mai, dass nur 8% der Menschen in den heißesten Regionen der Erde über Klimaanlagen verfügen, hingegen über 90% der Menschen in den USA und Japan.

Klimaanlagen – vom Luxus zur Notwendigkeit

Große Hitze belastet den Körper und kann in extremen Fällen zu Organversagen führen. Die Zahl der Personen, die aufgrund von Hitze sterben, kann gemäß Weltgesundheitsorganisation (WHO) in 2050 über 250.000 betragen. Und Sustainable Energy for All geht davon aus, dass die Produktivität sinken wird, in besonders heißen Regionen wie Teilen Asiens und Afrikas um bis zu 12%. Dazu kommt, dass mangelnde Kühlmöglichkeiten die Ernährungssicherheit gefährdet und die Aufbewahrung von Medikamenten erschwert.

Kühlung durch Klimaanlagen wird in immer mehr Regionen der Welt vom Luxus zur Überlebensnotwendigkeit. Die wachsende Mittelschicht in den sogenannten Entwicklungsländern investiert in Klimananlagen. Für Personen, die diese Möglichkeit nicht haben, werden seitens der Regierung Einrichtungen zur Verfügung gestellt, in denen man sich abkühlen und regenerieren kann.

Klimaanlagen forcieren Klimaerwärmung

Dumm nur, dass der Betrieb der Klimaanlagen sehr energieintensiv ist. Insbesondere in Entwicklungsländern, wo Energie hauptsächlich aus fossilen Quellen genutzt wird, tragen Klimaanlagen massiv zur Klimaerwärmung bei. IEA schätzt, dass im Jahr 2050 die Kühlung von Räumen soviel Energie verbrauchen wird, wie aktuell China für seine komplette Elektrizität. Kühlung ist, laut UN-Umweltprogramm, wahrscheinlich für den größten Anteil des Energieverbrauchs verantwortlich.

Abgesehen davon geben Klimaanlagen klimaschädliche Fluorkohlenwasserstoffe ab. Bis zum Ende dieses Jahrzehntes könnten allein die Emissionen die Erderwärmung um 0,3 Grad Celsius anheizen, sagen Wissenschafter voraus. Das wäre ein beträchtlicher Anstieg im Hinblick auf das Klimaziel, auf das sich die Weltgemeinschaft auf der Klimakonferenz in Paris in 2015 verständigt hat: Begrenzung der globalen Erwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst 1,5 °C im Vergleich zu vorindustriellen Levels. Das Kigali Cooling Efficiency Programm sieht daher auch vor, Klimaanlagen ohne Fluorkohlenwasserstoffe zu entwickeln. 197 Nationen verpflichteten sich zur Reduktion dieser Treibhausgase in Kühlgeräten und Klimaanlagen von über 80% in den kommenden 30 Jahren.

Quellen und links

ohne Klimaanlagen lesen ist schön
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand

Demokratie wird sich durchsetzen.

Gemäß dem jährlichen Demokratieindex, erfasst von der Economist Intelligence Unit, war 2017 das schlechteste Jahr für die Demokratie seit der globalen Finanzkrise in 2010. Die Organisation Freedom House stellt fest, dass der Anteil der Weltbevölkerung, der in Demokratien lebt, von 46% im Jahr 2006 auf 39% in 2018 zurück gegangen ist. Eine von drei Personen lebt in autoritären Regimen, viele weitere erleben einen Rückgang ihrer demokratischen Freiheiten, unter anderem in Venezuela, Bolivien und Nicaragua, in der Türkei, in Ungarn und Polen sowie auf den Philippinen.

Demokratie
Demokratieindex, Quelle: wikipedia

Vollständige Demokratien: 9–10; 8–8,99
Unvollständige Demokratien: 7–7,99; 6–6,99
Hybridregime (Mischformen): 5–5,99; 4–4,99
Autoritäre Regime: 3–3,99; 2–2,99; 0–1,99
Keine Daten: alle übrigen Länder

Galten im vorigen Jahrhundert die kommunistischen Regime als Feinde des demokratischen Prinzips, so ist es jetzt der Aufstieg der starken Männer, die Macht zentralisieren und die Opposition niederschlagen, wie es beispielsweise die Tendenz in den beiden großen Nationen Russland und China ist.

Und in den USA regiert ein Präsident, der mit jenem Russlands flirtet und von der absoluten Macht des chinesischen Führers schwärmt.

Die Hintergründe dieser Entwicklung und warum die Demokratie trotzdem die Oberhand gewinnen wird, diskutiert James Stavridis, ehemaliger Supreme Allied Commander Europe der NATO, in seinem Beitrag ‚Democracy will prevail‘ im Magazin TIME vom 23. Juli 2018.

Die Sehnsucht nach Ordnung ist eine mächtige Kraft

Stavridis nennt 3 zentrale Gründe dafür, warum die demokratische Regierungsform aktuell scheinbar im Hintertreffen ist.

  1. Demokratie ist ineffizient. Demokratische Entscheidungsfindungsprozesse brauchen ihre Zeit. Je komplexer die globale Gesellschaft, desto mehr. Neue Herausforderungen, wie Massenmigration über alle Kontinente, transnationale Kriminalität, internationale ökonomische Umbrüche erwecken Unsicherheit und stärken den Wunsch nach starker Ordnung.
  2. Die Zweischneidigkeit der neuen Technologien und ihrer Anwendungen wie zum Beispiel die sogenannten sozialen Netzwerke. Sie haben einerseits demokratische Revolutionen ermöglicht. Andererseits werden sie am effektivsten von Diktatoren aller Kontinente genutzt, um ihre Bürger/innen zu bespitzeln und falsche ‚Fakten‘ zu verbreiten.
  3. Die hohe Geschwindigkeit der Veränderung verursacht Desorientierung. Das öffnet Raum für die Herangehensweisen autoritärer Systeme: rasche Antworten, einfache Lösungen für komplexe Situationen.

Autoritäre Prinzipien widersprechen der menschlichen Natur

Neben den Tendenzen zu starken Männern und autoritären Strukturen sieht Stavridis positive Entwicklungen hin zu – wenn auch nicht perfekten so doch widerstandsfähigen – demokratischen Gesellschaften.

Indien mit über 550 Millionen Wähler(inne)n kann trotz Terroristenangriffen, ökonomischer Schwierigkeiten und anderer massiver Herausforderungen auf Dekaden der relativen Stabilität und des Wachstums blicken. Zwar ist das demokratische System Indiens nicht makellos und der Ministerpräsident starker Kritik ausgesetzt, die demokratischen Institutionen zu untergraben. Doch ist  von vielen hochrangigen Offiziellen und sogar von militärischen Führern ein uneingeschränktes Bekenntnis zur Demokratie zu hören.

Kolumbien, jahrzehntelang unter dem Drogenkrieg leidend und von daher nicht unanfällig für autoritäres Durchgreifen, ist seit Mitte der 1960er Jahre demokratisch organisiert. Die Macht wird alle zwei Jahre durch Wahlen neu vergeben.

Brasilien mit 200 Millionen Bürgerinnen und Bürger, von 1964 bis 1985 vom Militär regiert, ist trotz beträchtlicher politischer Unruhen nicht zur Autokratie zurück gekehrt.

Tunesien konnte seine Revolution aus 2011 retten und entwickelt seither – nach 23 Jahren Diktatur – seine demokratischen Strukturen.

Und die meisten der hochentwickelten Nationen sind starke Demokratien. Stavridis nennt Japan, Canada, Frankreich, Australien, Deutschland. Den ökonomischen Aufschwung Chinas in jüngerer Zeit hält er für das Ergebnis des Nachahmens und Stehlens geistigen Eigentums, was an Grenzen stoßen wird. Liberale Demokratien schaffen die dauerhafteren Lösungen und sind anpassungsfähiger an unterschiedliche Kulturen und Zeiten.

Demokratie – die schlechteste aller Regierungsformen. Außer allen anderen.

Demokratische Regierungsformen sind weder gegeben noch sind sie perfekt. Wir müssen stets  um sie kämpfen, an ihnen arbeiten, sie anpassen, verbessern. Wie Winston Churchill sagte: Die Demokratie ist die schlechteste aller Regierungsformen. Abgesehen von allen anderen.

Wie stärken wir Demokratien? Stavridis sieht folgende Notwendigkeiten:

  1. Frauen fördern. Länder mit einem hohen Niveau an Geschlechtergerechtigkeit  neigen laut Weltbank in höherem Ausmaß dazu, Konflikte friedlich zu lösen. Vereinbarungen, an denen Frauen und Zivilorganisationen mitgewirkt haben, haben 64% größere Erfolgsaussichten, laut einer UN-unterstützten Studie.
  2. Wirtschaftliche Ungleichheit reduzieren.
  3. Den Kindern kritisches Denken beibringen, sodass sie in der Lage sind, Wahrheit und Lüge voneinander zu unterscheiden.
  4. Jene, die die Demokratie verteidigen, dürfen nicht müde werden, klar zu machen, warum das wichtig ist und was auf dem Spiel steht. Sie müssen ihre Vision, auch wenn sie (noch) nicht perfekt gelebt wird, artikulieren und von ihrer Richtigkeit überzeugen.

Quellen und links

TIME

Demokratieindex, wikipedia

Freedom house

James G. Stavridis, wikipedia

Populismus gefährdet die Demokratie, 1-sicht

über Demokratie lesen
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand