Kobalt: Ausbeutung des Kongo und internationale Korruption

Kongo, ein an Bodenschätzen reiches, dennoch bitterarmes zentralafrikanisches Land wird zwischen 2010 und 2012 um 1,36 Milliarden Dollar geprellt. Glencore, die weltweit grösste im Rohstoffhandel tätige Unternehmensgruppe mit operativem Hauptsitz in der Schweiz, verliert an einem Tag des Jahres 2018 4,3 Milliarden Dollar an Aktienwert. Was hat das Eine mit dem Anderen zu tun? Die Antwort: Kobalt. Und Dan Gertler.

Glencore arbeitet mit Dan Gertler, einem durch Diamantenhandel in sehr jungen Jahren sehr reich gewordenen Mann zusammen, der samt seinen Firmen von den USA auf eine Sanktionsliste gesetzt wurde, was der öffentlichen Brandmarkung als Parasit gleichkommt. Daher nimmt das US-Justizministerium die Geschäftsgebarung von Glencore unter die Lupe, was im Juli 2018 zum Absturz der Unternehmensaktie führt.

Glencore betreibt im Kongo Bergbauanlagen im Wert von 10 Milliarden Dollar. Das Unternehmen ist dort einer der größten Produzenten von Kobalt, das für Batterien von Handys und Elektromotoren benötigt wird. Dan Gertler ist einer der Miteigentümer von Glencore und enger Freund von Joseph Kabila, Präsident des Kongo.

Gertler fungiert als Mittelsmann beim Verkauf von Bergbauanlagen, die er gerne auch an mit ihm verbundene Offshore-Gesellschaften verkauft. Und das zu billig. So entgingen nach Schätzungen der NGO Africa Progress Panel dem Staat Kongo in den Jahren 2010 bis 2012 1,36 Milliarden Dollar.

Kabila, Gertler, Glencore

Bereits 1997 knüpfte Gertler Kontakte zum Kabila-Clan und bot 20 Millionen Dollar für ein Diamantenexportmonopol an. Auch dürfte er israelische Waffentechnik vermittelt haben. Für 2001 und 2002 verzeichnet das israelische Verteidigungsministerium den Verkauf leichter Waffen im Wert von 700 000 Dollar an den Kongo.

2009 räumte Glencore Gertler einen Kredit in der Höhe von 45 Millionen Dollar ein.

Als 2017 in den USA Dokumente über Schmiergeldzahlungen von mehr als 100 Millionen Dollar von Gertler an Kabila auftauchten, kaufte Glencore Gertler für 534 Millionen Dollar aus. Glencore stoppte auch die Zahlungen von Bergbau-Lizenzgebühren an Gertler, als dieser auf die US-Sanktionsliste gesetzt wurde, nahm die Zahlungen allerdings im Juni 2017 wieder auf – diesmal in Euro, nicht in Dollar.

Glencores Standpunkt: Zahlt Glencore nicht, würde Gertler noch viel mehr profitieren. Denn Vertraute Kabilas hätten Vermögenswerte des Unternehmens beschlagnahmen lassen und verlangen Kompensationzahlungen in Milliardenhöhe.

Kobalt, China, Elektromobilität

Kobalt ist von strategischer Bedeutung für Europas und Amerikas Elektromobilität. Glencore-Boss Ivan Glasenberg: „Falls Kobalt in die Hände der Chinesen fällt, ja, dann werden Sie keine Elektroautos sehen, die in Europa produziert werden.“ Und falls Glencores Minen im Kongo, in denen Kupfer und Kobalt gefördert werden – enteignet würden, fielen diese in die Hände der bereits dominanten Chinesen. (FAZ, 28.4.2018)

Für batteriebetriebene Autos brauchen wir Kobalt in riesigen Mengen. Der Preis pro Tonne Kobalt stieg von rund 20 000 Dollar (2016) auf rund 90 000 Dollar (2018) an. Zu über 60% stammt dieser Rohstoff aus dem Kongo. Dort wird er teils im industriellen Maßstab, teils im Kleinbergbau und nicht selten von Kinderhand abgebaut. Die Raffinerie findet zu 70 bis 80% in China statt. China baut zudem zielstrebig die Kontrolle über das unveredelte Kobalt aus. Glencores großer Konkurrent im Kongo: China Molybdenum.

Kobalt: Minen im Kongo
Quelle: NZZ

Kobalt, Krieg, Korruption

Eine der von Glencore beherrschten Minen ist Katanga Mining. In deren Geschäftsbericht sind unter anderem folgende Risikofaktoren angeführt:

  • Krieg
  • zivile Unruhen
  • militärische Repression
  • Geiselnahme
  • Korruption
  • Annullierung von Bewilligungen oder Enteignungen.

Während das US-Justizdepartment, Großbritanniens Serious Fraud Office und mittlerweile – basierend auf einer Strafanzeige der NGO Public Eye – auch die Schweizer Bundesanwaltschaft Untersuchungen bei Glencore eingeleitet haben, hält Gertler sich als nobelpreiswürdig für seine Entwicklungshilfe im Kongo.

Rohstoff-Abbau in reiner Handarbeit. Der Unterschied zwischen Kleinbergbau und industriell betriebener Förderung ist frappant. (Kolwezi, 24. Februar 2018/William Clowes, Bloomberg)
Quelle: NZZ

Quellen und links

Ein israelischer Milliardär bringt Glencore in Teufelsküche, Markus Städeli, NZZ 7.7.2018

Kobalt ist die Achillesferse der schönen neuen E-Mobilität, Markus Städeli, NZZ 28.4.2018

über die Demokratische Republik Kongo: wikipedia

über Glencore: wikipedia

Mein smartphone, der Kongo und der Meeresgrund: eine 1-Sicht

fürs Lesen braucht man kein Kobalt
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand

Mein smartphone, der Kongo und der Meeresgrund

Kobalt ist eines von 30 Metallen in einem Smartphone. 40% der weltweiten Kobaltproduktion stammen aus dem Kongo. 20,5 Millionen Tonnen Kobalt kommen an Land vor, 94 Millionen Tonnen im Meer. Auch deshalb soll der Meeresgrund nun als zusätzliche Rohstoffquelle erschlossen werden.

Kobalt wird von der  EU-Kommission als ‚kritisch‘ eingestuft. Nicht etwa der Menschenrechtslage im Kongo wegen, einem Land, das aktuell nicht gerade für Stabilität und Frieden bekannt. Sondern weil die Versorgung der europäischen Industrie aufgrund der regionalen Abbaukonzentration unsicher ist. Die so genannten ‚Seltenen Erden‘ sind so selten gar nicht. Aber ihr Abbau ist wegen Lohnkosten und Umweltauflagen teuer, daher stammen derzeit 97% aus China. Es gibt keine geologische Verknappung von Metallen, aber martkwirtschaftliche Gründe lassen die westlichen Industriestaaten nach neuen Quellen suchen. Die sollen am Meeresgrund gefunden werden.

Vorkommen (in Mio. t) von Mangan, Seltenerdoxiden, Nickel, Thallium, Kobalt an Land und im Meer (Summe der geschätzten Metallgehalte in der Primären Krustenzone (PCZ) und der Clarion-Clipperton-Zone (CCZ))Grafik: Meeresatlas 2017, Petra Böckmann/Heinrich-Böll-Stiftung
Metallvorkommen an Land und am Meeresgrund – Quelle: Böll-Stiftung, Der Meeresatlas

Wem gehört der Meeresgrund?

Nach dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen (UNCLOS) darf ein Staat ein Gebiet von zwölf Seemeilen vor seiner Küste als eigenes Küstenmeer beanspruchen  und 200 Seemeilen der Wassersäule des Meeres vor seiner Küste sowie die ersten 200 Seemeilen des Meeresbodens (= Festlandsockel) als ‚ausschließliche Wirtschaftszone‘ nutzen. Die dort liegenden Ressourcen kann er allein schürfen. Reicht der Kontinentalschelf des Staates nachweislich noch weiter, so dürfen auch die dort liegenden Ressourcen abgebaut werden.

Das gilt auch für Inseln. Was besonders interessant bei unbewohnten Inseln wird. Australien hat sich die Hoheitsansprüche der winzigen unbewohnten Heard- und McDonaldinseln 1.000 Kilometer nördlich der Ost-Antarktis und damit ein geologisches Nutzungsgebiet von über 2,5 Millionen Quadratkilometern gesichert. Norwegen besitzt die Bouvetinsel im Südatlantik, 2.600 Kilometer vom Kap der Guten Hoffnung entfernt. Diese komplett mit Eis bedeckte, frischwasserlose Insel beschert Norwegen ein Nutzungsgebiet von 500.000 Quadratkilometern. Frankreich ist durch seine Übersee-Insel-Depandancen reich an Vorräten auf dem Meeresgrund. Deutschland verfügt über einen Meeresbodenanspruch in der Nähe von Hawai, der so groß wie Bayern ist.

Globale Aufteilung von Küstenstaaten in: Ausschließliche WirtschaftszoneBeantragte Erweiterung des Festlandsockels „Das Gebiet“: Gemeinsames Erbe der Menschheit Grafik: Meeresatlas 2017, Petra Böckmann/Heinrich-Böll-Stiftung
Wem gehört der Meeresgrund? – Quelle: Böll-Stiftung, Der Meeresatlas

Das Seerechtsübereinkommen ist die Verfassung der Meere. Es soll die Interessen von Staaten friedlich ausgleichen. Basierend auf dem Konzept des ‚gemeinsamen Erbes der Menschheit‘ sollte der Meeresboden (in UN-Diktion ‚the area‘, ‚das Gebiet‘) außerhalb staatlicher Souveränität liegen. Aktivitäten auf der Hohen See sollten dem Wohl der ganzen Menschheit dienen und nicht nur reichen Industriestaaten möglich sein. Doch der noch nicht verteilte Anteil ‚des Gebietes‘ beträgt nur mehr 43%. 57% sind bereits außerhalb internationaler Einflussnahme.

Abbau am Meeresgrund – ökologisch riskant

ÖkologInnen warnen vor Abbau auf dem Meeresgrund, denn die Tiefsee ist ein Lebensraum, in dem alles sehr, sehr langsam geschieht. Beispielsweise brauchen Manganknollen am Meeresgrund eine Million Jahre um nur fünf bis zwanzig Millimeter zu wachsen. Dennoch wird der Abbau vonstatten gehen. Und zwar in den Hoheitsgebieten von Ländern wie Tonga oder Papua-Neuguinea, die in der Hoffnung auf Entwicklungschancen und Gewinn aus Abbaulizenzen hohe ökologische Risiken eingehen werden.

Quellen und links

Meeresatlas 2017 –  Daten und Fakten über unseren Umgang mit dem Ozean, Heinrich Böll Stiftung, Ozean der Zukunft, Le Monde diplomatique

Kobalt am Meeresgrund?
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand