Friedensforschung und Terrorismus Index – das ‚Institute for Economics and Peace‘ präsentiert ‚Global Terrorism Index 2015‘

Am 17.11.2015 stellte das renommierte Institute for Economics and Peace den Global Terrorism Index 2015 vor. Was wie eine Reaktion auf die Terroranschläge in Paris und die Diskussionen um mögliche Antworten darauf wirken kann, war lange zuvor angekündigt. Nützen wir die Erkenntnisse für einen möglichst sachlichen Diskurs der aktuellen Ereignisse und unserer Handlungsoptionen!

Vom ökonomischen Wert des Friedens

‚Den ökonomischen Wert von Frieden messen und kommunizieren‘ formuliert das Institute for Economics and Peace (IEP), das 2007 von Steve Killelea gegründet wurde und Büros in New York, Sydney und Mexiko hat, seine Aufgabe. Ziel ist es, das traditionelle Denken betreffend Sicherheit, Verteidigung, Terror und Entwicklung auf Basis datenfundierter Forschung zu beeinflussen. Man will zeigen, dass Friede eine greifbare und erzielbare Maßnahme für das Wohlergehen der Menschen und deren Entwicklung ist.

Die 4 Hauptforschungsgebiete sind:

  • Frieden messen: Welche sozialen, politischen, ökonomischen Faktoren sind Voraussetzung für Frieden?
  • Ökonomie des Friedens: Was sind die ökonomischen Auswirkungen von Gewalt?
  • Positiver Friede: Welche Verhaltensweisen, Strukturen, Institutionen ermöglichen dauerhaft friedliche Gesellschaften?
  • Risiken verstehen: Welche Risikofaktoren befördern Instabilität und Gewalt von Ländern?

Positiver Friede

Kann es auch negativen Frieden geben?

Als positiven Frieden definiert das IEP das Vorhandensein von Verhaltensweisen, Institutionen und Strukturen, die friedvolle Gesellschaften schaffen und wahren. Negativer Friede ist dem gegenüber bloß die Abwesenheit von Gewalt und Furcht vor Gewalt.

Die 8 Faktoren (Säulen) eines positiven Frieden gemäß IEP

  • gut funktionierende Regierung (hohe Qualität der öffentlichen und zivilen Dienstleistungen, die Vertrauen und Verlässlichkeit schafft)
  • solide Geschäftsumwelten (formale Institutionen, Regulationssysteme)
  • gerechte Verteilung der Ressourcen (gleiche Zugangsmöglichkeiten zu Ausbildung, Gesundheitssystem, Einkommensmöglichkeiten)
  • Akzeptanz der Rechte der Anderen (friedliche Beziehungen zu anderen Ländern, gute Beziehungen verschiedener Gruppen innerhalb eines Landes)
  • freier Informationsfluss (freie und unabhängige Medien, Zugang zu Informationen)
  • hohes Niveau des Humankapitals (Ausbildung verbessert ökonomische Produktivität, ist die Basis für Widerstandsfähigkeit sowie Lern- und Entwicklungsfähigkeit)
  • niedriges Korruptionsniveau (Korruption führt zu ineffizienter Aufteilung von Ressourcen)

Aktuelle Fakten zum globalen Terrorismus

Im Rahmen der Studie Global Terrorism Index untersucht IEP 162 Länder (damit sind laut eigenen Angaben 99 % der Weltbevölkerung abgedeckt) hinsichtlich terroristischer Aktivitäten. Im Folgenden ein Auszug der Ergebnisse für das Jahr 2014 (aus Global Terrorism Index 2015):

  • Durch terroristische Aktivitäten wurden 32.658 Menschen getötet. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr 2013 mit 18.111 eine Erhöhung um 80% und ist der höchste Wert, der jemals für ein Jahr gemessen wurde.
  • 13.370 Terroranschläge wurden in 93 Länder verübt.
  • 78% aller Terroropfer und 57% aller Anschläge konzentrieren sich auf 5 Länder: Afghanistan, Irak, Nigeria, Pakistan und Syrien.
  • Für 51% aller weltweiten Opfer bekennen sich 2 Terrororganisationen verantwortlich: Boko Haram und ISIL (Islamischer Staat für Irak und Levante)
  • Im Irak starben 9.929 oder knapp 30% aller Opfer. Dies ist der höchste Wert, der jemals für ein Land für ein Jahr an Terroropfern gemessen wurde.
  • Die höchste Zunahme an Opfern in 2014 verzeichnet Nigeria mit 7.512 Toten oder einer Steigerung um 300% gegenüber 2013
  • Global werden die ökonomischen Kosten des Terrorismus auf US$ 52,9 Milliarden geschätzt.

Seit 2000 wurden ca. 140.000 Menschen bei 61.000 Terroranschlägen getötet. Der Anteil an Opfern in den OECD-Staaten liegt bei 2.6%.

Terroropfer 2000 - 2014
Terroropfer 2000 – 2014

‚78 % aller Terroropfer sind in 5 Ländern.‘ Die Aussage bestürzt mich am allermeisten. Füge ich diese mit den Nachrichten von der ‚verlorenen Generation‘ zusammen, Nachrichten über junge Menschen, die bar jeglicher Existenzgrundlage und Perspektive leben und Versprechungen von diesseitigem Ruhm und jenseitigem Paradies nur allzu gerne Glauben schenken und diesen bereitwillig mit Waffengewalt und unter Einsatz ihres Lebens verteidigen – zu verlieren haben sie ohnehin nichts – dann scheint ein Fokus auf die Errichtung der Friedenssäulen, die das IEP definiert, in den vom Terrorismus besonders betroffenen Ländern mehr als geboten – zum Schutz der Menschen, die dort leben, und zu unserem eigenen Schutz.

Terror = Furcht, Schrecken

Wikipedia sagt uns: Das lateinische Wort ‚terror‘ heißt ‚Furcht‘, ‚Schrecken‘. Unter Terrorismus werden – bei aller Unschärfe der Definition – Gewalt und Gewaltaktionen verstanden, die gegen eine politische Ordnung gerichtet sind. Terror dient als Druckmittel zur Verbreitung von Unsicherheit und Schrecken. Terror wird als Kommunikationsstrategie nicht als militärische Strategie eingesetzt. In der Terrorismusforschung wird Terrorismus als gewaltsame Methode verstanden, die nicht zuletzt gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet ist.

Das erklärt, warum terroristische Aktionen so sehr an unserem Sicherheitsgefühl rütteln und uns in Angst versetzen. Rein statistisch betrachtet müsste unsere Angst, ermordet zu werden, 13 Mal größer sein. Weltweit gibt es laut IEP jährlich ca. 437.000 Mordopfer.

Quellen

Institute for Economic and Peace

Global Terrorism Index 2015