Die Welt ist weniger friedlich geworden – Global Peace Index 2016

81 Staaten sind friedlicher geworden, 79 haben sich negativ entwickelt und insgesamt ist der Friede offensichtlich auf dem Rückzug. Das sagen die jüngst veröffentlichen Erkenntnisse des IEP (Institute for Economics and Peace). Der Global Peace Index (GPI) hat sich demzufolge um 0.53 % verschlechtert. Die Ursachen sind

  • Rückgang gesellschaftlicher Sicherheit
  • Fortdauer sowie Zunahme von Konflikten
  • terroristische Ereignisse
  • politische Instablilität

Die deutlichste Verschlechterung erlebte die Region Mittlerer Osten und Nordafrika, die ohnehin bereits zur konfliktreichsten Region der Welt zählt. Dies ist zurückzuführen auf

  • zahlreiche regionale Konflikte, die weiter eskalierten
  • neu aufgetretene Konflikte
  • die Ausdehnung des Bürgerkrieges in Syrien seit der Intervention Russlands im September 2015
  • der mit Intervention Saudi Arabiens fortgesetzte Bürgerkrieg im Jemen
  • und die US-geführten Luftangriffe gegen IS (Islamischer Staat) im Irak, die nach den Terroranschlägen in Paris im November 2015 intensiviert wurden.

Gesellschaftliche Sicherheit

Hinsichtlich gesellschaftlicher Sicherheit ist eine leichte Verbesserung wahrnehmbar. Ausgenommen sind der Mittlere Osten und Nordafrika sowie Südamerika, wo ein Anstieg an Kriminalität verzeichnet wurde.

Die diesbezüglich am schlechtesten gestellten Regionen sind Südamerika, Zentralamerika und Karibik. Einzig beim Indikator Inhaftierungsrate weisen die USA sowie der Mittlere Osten und Nordafrika höhere (= schlechtere) Werte auf.

Interne und internationale Konflikte

In Russland und Eurasien stieg die Zahl der Toten, die auf nationale (interne) Konflikte zurück gehen. Vor allem der Ukrainekonflikt schlägt hier zu Buche. Auch in Syrien, der Zentralafrikanischen Republik und Libyen ist ein Anstieg in Zahl und Dauer interner Konflikte zu verzeichnen.

Eine noch deutlichere Verschlechterung zeigt sich bei Zahl und Dauer internationaler (externer) Konflikte mit negativen Auswirkungen auf den Friedensindex in fast allen Regionen – insbesondere in Nordamerika aufgrund dessen Rolle im Mittleren Osten und in Afghanistan.

Terrorismus

Auswirkungen von Terrorismus hatten negativen Einfluss in 77 Staaten, 48 verzeichneten eine Verbesserung und nur 37 der 163 untersuchten Staaten waren nicht von terroristischen Ereignissen betroffen.

Wiewohl Europa aufgrund der terroristischen Geschehen eine Verschlechterung seiner Friedenssituation hinnehmen musste, ist es immer noch die friedlichste Region der Welt.

Politische Instabilität

Ungünstig fällt das Ergebnis für die politische Stabilität aus, die sich in 39 Staaten im Vergleich zu 2015 verschlechtert hat, besonders in Brasilien aufgrund eines großen Korruptionsskandals. Bislang hat die Zunahme an Instabilität nicht zu mehr Gewalt geführt – mit Ausnahme in den Regionen Südasien, Mittlerer Osten und Nordamerika sowie Subsahara-Afrika – allesamt Regionen, die ohnehin bereits schlecht gestellt sind

Österreich auf Platz 3 der friedlichsten Länder der Welt

Hinter Island und Dänemark belegt Österreich 2016 Rang drei der friedlichsten Länder, gefolgt von Neuseeland auf Platz 4 – genauso wie 2015 und 2014. 2013 war Neuseeland auf Platz 3, Österreich auf Platz 4.

Rangordnung und Punkteanzahl für das Jahr 2016

  1. Iceland 1.192
  2. Denmark 1.246
  3. Austria 1.278
  4. New Zealand 1.287
  5. Portugal 1.356
  6. Czech Republic 1.360
  7. Switzerland 1.370
  8. Canada 1.388
  9. Japan 1.395
  10. Slovenia 1.408

Vollständige Tabelle für die Jahre 2008 bis 2016 (Global Peace Index Ranking): wikipedia

Quellen und links

Institute for economics and peace

Vision of humanity

Global Peace Index – wikipedia

Institute for economics and peace – wikepedia

Friedensforschung und Terrorismusindex – 1-sicht

1-sicht findet: Lesen bildet.
1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand

 

Klimawandel potenziert Konflikte

Die uns alle erschütternden Terroranschläge in Paris am 13.11.2015 überschatten die im Vorfeld mit großen Hoffnungen verbundene 21. Klimakonferenz, die vom 30. November bis 11. Dezember in Paris stattfinden wird. Plötzlich liegen Terrorangst und Klimaveränderung unmittelbar beieinander. Der Horror vor Terror ist größer als die Sorge vor den Auswirkungen des Klimawandels.

Klimawandel ist Sicherheitsrisiko

Dass der Klimawandel ein globales Sicherheitsrisiko darstellt, legen ExpertInnen seit langem immer wieder dar. Zuletzt nahm unter anderem Benjamin Pohl von der Denkfabrik adelphi im Interview mit Deutschlandfunk (DLF) dazu Stellung.

Es gab in den Medien in den letzten Monaten eine ziemliche Debatte zu Syrien, inwiefern der Bürgerkrieg in Syrien durch den Klimawandel mit angetrieben wurde, und da ist relativ deutlich, dass es im Vorfeld zu den Demonstrationen eine langjährige Dürre gab, die dazu beigetragen hat, dass aus vielen ländlichen Gegenden die Leute ihre Lebensgrundlage verloren haben und in die Städte umgesiedelt sind, wo wiederum die Reaktionen der syrischen Regierung oder das, was sie getan haben, völlig unzureichend war dafür, um diesen Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen, und das hat sicherlich eine Grundlage mit geschaffen dafür, dass dieser Konflikt so eskaliert ist. Das soll keinesfalls heißen, dass der syrische Bürgerkrieg in erster Linie ein Klimakrieg wäre. Der Begriff ist sicherlich ein irreführender.

Der syrische Bürgerkrieg ist in erster Linie ein Konflikt um das autoritäre Regime von Assad, das in menschenverachtender Weise gegen seine eigene Bevölkerung vorgeht. Aber diese strukturellen Grundlagen sollten dabei nicht aus dem Blickfeld geraten, und die sind zum einen sicherlich durch den Klimawandel verursacht, zum anderen natürlich auch durch jahrzehntelanges Missmanagement der Wasservorräte des Landes, dass man zugelassen hat, dass jenseits der nachhaltigen Möglichkeiten Wasser gefördert wurde, und irgendwann ist es dann alle und dann fehlt den Leuten die Lebensgrundlage.

Pohl mahnt ein, angesichts der sich permanent in die Nachrichten drängenden Ereignisse die strukturellen Aufgaben im Rahmen des Klimawandels nicht aus dem Blick zu verlieren.

Sozialer Unfriede durch Dürre und andere Umweltphänomene

Auch Achim Steiner, Chef des UNO-Umweltprogramms ist sicher, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Klimawandel und den Konflikten in der Welt gibt. Ebenfalls in einem DLF-Interview sagt er, Phänomene wie Dürre oder steigende Meeresspiegel trügen zu sozialem Unfrieden bei.

Es liegt vor allem in den Zusammenhängen, die wir, glaube ich, uns immer wieder vor Augen führen müssen. Es ist ja nicht so, dass Terror ein isoliertes Phänomen ist und dass auch der Klimawandel in sich selbst sozusagen Terror oder Konflikte schürt. Aber was wir heute genau wissen ist, dass in unseren Gesellschaften durch Klimawandel Umstände entstehen und auch Entwicklungen stattfinden werden, die den Konflikt noch eher potenzieren, den Wettbewerb um Ressourcen, dass Menschen zu Flüchtlingen werden, und gerade auch an dem Beispiel Syriens, das ja sehr tragisch verdeutlicht, wie die Dürreperiode über vier Jahre dazu führte, dass über eine Million Menschen aus den ländlichen Regionen fliehen musste und dadurch den sozialen Unfrieden erst einmal noch geschürt hat, das sind Beispiele, die wir uns mit nicht sehr viel Fantasie auch in der Zukunft sehr vor Augen führen müssen, wenn Millionen von Menschen durch Dürreperioden, durch den Klimawandel, auch zum Beispiel Meeresspiegelanstieg, Umsiedlung in den Küstenzonen zu Situationen führen, wo unsere Gesellschaften unter Stress geraten. Und da ist natürlich der Konflikt vorprogrammiert und damit ja, ist der Zusammenhang Klimawandel-Konfliktpotenzial, der auch oft in Bürgerkriege ausarten kann, sicherlich gegeben und bereits durch viele Beispiele zumindest im Ansatz verdeutlicht.

Risiken des Klimawandels

NewClimateForPeace_Seven compound climate-fragility risks -threaten states and societies

Links

Deutschlandfunk 17.11.2015: Globale Erwärmung als Sicherheitsrisiko

adelphi

Deutschlandfunk 18.11.2015: „Das Konfliktpotenzial des Klimawandels ist gegeben“

Umweltprogramm der Vereinten Nationen UNEP

A new climate for Peace

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1-sicht meint: Lesen nährt den Verstand

Friedensforschung und Terrorismus Index – das ‚Institute for Economics and Peace‘ präsentiert ‚Global Terrorism Index 2015‘

Am 17.11.2015 stellte das renommierte Institute for Economics and Peace den Global Terrorism Index 2015 vor. Was wie eine Reaktion auf die Terroranschläge in Paris und die Diskussionen um mögliche Antworten darauf wirken kann, war lange zuvor angekündigt. Nützen wir die Erkenntnisse für einen möglichst sachlichen Diskurs der aktuellen Ereignisse und unserer Handlungsoptionen!

Vom ökonomischen Wert des Friedens

‚Den ökonomischen Wert von Frieden messen und kommunizieren‘ formuliert das Institute for Economics and Peace (IEP), das 2007 von Steve Killelea gegründet wurde und Büros in New York, Sydney und Mexiko hat, seine Aufgabe. Ziel ist es, das traditionelle Denken betreffend Sicherheit, Verteidigung, Terror und Entwicklung auf Basis datenfundierter Forschung zu beeinflussen. Man will zeigen, dass Friede eine greifbare und erzielbare Maßnahme für das Wohlergehen der Menschen und deren Entwicklung ist.

Die 4 Hauptforschungsgebiete sind:

  • Frieden messen: Welche sozialen, politischen, ökonomischen Faktoren sind Voraussetzung für Frieden?
  • Ökonomie des Friedens: Was sind die ökonomischen Auswirkungen von Gewalt?
  • Positiver Friede: Welche Verhaltensweisen, Strukturen, Institutionen ermöglichen dauerhaft friedliche Gesellschaften?
  • Risiken verstehen: Welche Risikofaktoren befördern Instabilität und Gewalt von Ländern?

Positiver Friede

Kann es auch negativen Frieden geben?

Als positiven Frieden definiert das IEP das Vorhandensein von Verhaltensweisen, Institutionen und Strukturen, die friedvolle Gesellschaften schaffen und wahren. Negativer Friede ist dem gegenüber bloß die Abwesenheit von Gewalt und Furcht vor Gewalt.

Die 8 Faktoren (Säulen) eines positiven Frieden gemäß IEP

  • gut funktionierende Regierung (hohe Qualität der öffentlichen und zivilen Dienstleistungen, die Vertrauen und Verlässlichkeit schafft)
  • solide Geschäftsumwelten (formale Institutionen, Regulationssysteme)
  • gerechte Verteilung der Ressourcen (gleiche Zugangsmöglichkeiten zu Ausbildung, Gesundheitssystem, Einkommensmöglichkeiten)
  • Akzeptanz der Rechte der Anderen (friedliche Beziehungen zu anderen Ländern, gute Beziehungen verschiedener Gruppen innerhalb eines Landes)
  • freier Informationsfluss (freie und unabhängige Medien, Zugang zu Informationen)
  • hohes Niveau des Humankapitals (Ausbildung verbessert ökonomische Produktivität, ist die Basis für Widerstandsfähigkeit sowie Lern- und Entwicklungsfähigkeit)
  • niedriges Korruptionsniveau (Korruption führt zu ineffizienter Aufteilung von Ressourcen)

Aktuelle Fakten zum globalen Terrorismus

Im Rahmen der Studie Global Terrorism Index untersucht IEP 162 Länder (damit sind laut eigenen Angaben 99 % der Weltbevölkerung abgedeckt) hinsichtlich terroristischer Aktivitäten. Im Folgenden ein Auszug der Ergebnisse für das Jahr 2014 (aus Global Terrorism Index 2015):

  • Durch terroristische Aktivitäten wurden 32.658 Menschen getötet. Das entspricht gegenüber dem Vorjahr 2013 mit 18.111 eine Erhöhung um 80% und ist der höchste Wert, der jemals für ein Jahr gemessen wurde.
  • 13.370 Terroranschläge wurden in 93 Länder verübt.
  • 78% aller Terroropfer und 57% aller Anschläge konzentrieren sich auf 5 Länder: Afghanistan, Irak, Nigeria, Pakistan und Syrien.
  • Für 51% aller weltweiten Opfer bekennen sich 2 Terrororganisationen verantwortlich: Boko Haram und ISIL (Islamischer Staat für Irak und Levante)
  • Im Irak starben 9.929 oder knapp 30% aller Opfer. Dies ist der höchste Wert, der jemals für ein Land für ein Jahr an Terroropfern gemessen wurde.
  • Die höchste Zunahme an Opfern in 2014 verzeichnet Nigeria mit 7.512 Toten oder einer Steigerung um 300% gegenüber 2013
  • Global werden die ökonomischen Kosten des Terrorismus auf US$ 52,9 Milliarden geschätzt.

Seit 2000 wurden ca. 140.000 Menschen bei 61.000 Terroranschlägen getötet. Der Anteil an Opfern in den OECD-Staaten liegt bei 2.6%.

Terroropfer 2000 - 2014
Terroropfer 2000 – 2014

‚78 % aller Terroropfer sind in 5 Ländern.‘ Die Aussage bestürzt mich am allermeisten. Füge ich diese mit den Nachrichten von der ‚verlorenen Generation‘ zusammen, Nachrichten über junge Menschen, die bar jeglicher Existenzgrundlage und Perspektive leben und Versprechungen von diesseitigem Ruhm und jenseitigem Paradies nur allzu gerne Glauben schenken und diesen bereitwillig mit Waffengewalt und unter Einsatz ihres Lebens verteidigen – zu verlieren haben sie ohnehin nichts – dann scheint ein Fokus auf die Errichtung der Friedenssäulen, die das IEP definiert, in den vom Terrorismus besonders betroffenen Ländern mehr als geboten – zum Schutz der Menschen, die dort leben, und zu unserem eigenen Schutz.

Terror = Furcht, Schrecken

Wikipedia sagt uns: Das lateinische Wort ‚terror‘ heißt ‚Furcht‘, ‚Schrecken‘. Unter Terrorismus werden – bei aller Unschärfe der Definition – Gewalt und Gewaltaktionen verstanden, die gegen eine politische Ordnung gerichtet sind. Terror dient als Druckmittel zur Verbreitung von Unsicherheit und Schrecken. Terror wird als Kommunikationsstrategie nicht als militärische Strategie eingesetzt. In der Terrorismusforschung wird Terrorismus als gewaltsame Methode verstanden, die nicht zuletzt gegen Zivilisten und zivile Einrichtungen gerichtet ist.

Das erklärt, warum terroristische Aktionen so sehr an unserem Sicherheitsgefühl rütteln und uns in Angst versetzen. Rein statistisch betrachtet müsste unsere Angst, ermordet zu werden, 13 Mal größer sein. Weltweit gibt es laut IEP jährlich ca. 437.000 Mordopfer.

Quellen

Institute for Economic and Peace

Global Terrorism Index 2015