USA: Mehr Tote durch Schusswaffen im Alltag als im Krieg

Seit 1968 sind in den USA mehr Menschen kriegsfern durch Schusswaffen ums Leben gekommen  – nämlich 1,516,863 -, als seit der Gründung der Vereinigten Staaten in allen Kriegen, bei denen US-Soldaten kämpften und starben (1,396,733), schreibt Mona Chalabi im Guardian am 5. Oktober 2017 in „How bad is US gun violence? These charts show the scale of the problem“.

In allen Kriegen, das heißt unter anderen: Unabhängigkeitskrieg, Bürgerkrieg, Spanisch-Amerikanischer Krieg, Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Koreakrieg, Vietnamkrieg, Golfkrieg, Afghanistankrieg, Irakkrieg.

Americans killed by guns and Americans killed by war.
Quelle: Mona Chalabi; Guardian

Von den jährlich etwa 33.000 Toten, die durch Feuerwaffen außerhalb von Kriegen umkommen, begehen zwei Drittel Selbstmord, rund 500 sterben durch Massenattentate. Über 70.000 Menschen jährlich erleiden Verletzungen durch Schusswaffen. Massenattentate werden definiert mit mehr als 4 Toten oder Verletzten (TäterIn ausgenommen) im Zuge eines Vorfalls. Seit 1. Jänner 2013 gab es 1.516 Massenattentate.

In den USA geht man von 265 Millionen Schusswaffen aus, mehr als einer pro erwachsener Person. Andere entwickelte Staaten haben weniger. Und weniger Tote durch Schusswaffen.

Mehr Schusswaffen. Mehr Tote
Quelle: Mona Chalabi; Guardian

Quellen und links

Guardian – US gun violence charts data

Guardian – America mass shootings gun violence

Gun Violence Archive

Lesen statt Schusswaffen gebrauchen
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1-sicht empfiehlt Lese-, Hör-, Sehstoff: Oktober 2017

In Las Vegas, Nevada, schoss ein Mann am Abend des 1. Oktober (US-Zeit) aus einem Hotelzimmer auf Gäste eines Country-Konzertes, tötete 59 Menschen und verletzte 527. Er war wohlvorbereitet – hatte etwa 19 Schusswaffen ins Hotelzimmer gebracht,  -, handelte offenbar nicht aus Affekt und ohne terroristische Motivation. Zumindest eine der Waffen hatte er als Schnellfeuerwaffe ausgerüstet. (Ermittlungsstand 3.10.17).

Bitter drängt sich der Kabarettist Gerhard Polt mit ‚Die Verteidigung der Gummibären‘ auf: „… Da bin i runtergangen, aber wie gsagt, langsam, weil i no sinniert hab, welches Kaliber nimmst du. Und dann hab ich mich entschieden, den mit dem kurzen Lauf hab i gnommen. …“

Seh- und Hörstoff:
Die Verteidigung der Gummibären

Gerhard Polt, 1992

Quellen und links

New York Times, 3.10.2017, Las Vegas Shooting: Gunman’s Rifle Had ‘Bump Stock’ to Make It Rapid-Fire Weapon

1-sicht findet: Lesen bildet.
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Gewinne aus Rohstoffverkauf in Bildung investieren

Nana Akufo-Addo, ehemaliger Menschenrechtsaktivist und seit Jänner 2017 Präsident Ghanas, plant, die Gewinne aus dem Verkauf der natürlichen Rohstoffe des Landes in die Bildung der Bevölkerung zu investieren. Bislang verblieben die Einnahmen in den Händen einiger weniger, nun sollen sie langfristig der Bevölkerung zugute kommen und die Abhängigkeit des Landes von Rohstoffexporten verringern. (Neue Zürcher Zeitung, 15.9.2017).

Konkret sollen in Ghana die Schulgebühren für die Sekundarstufe (entspricht der 5. bis 13. Schulstufe) abgeschafft werden. Von einem revolutionären Schritt schreibt die Neue Zürcher Zeitung. Ghana stellt sich damit in eine Reihe mit Uganda, Ruanda und Tansania, wo ebenfalls sowohl Grundschulen als auch Sekundarschulen kostenfrei zugänglich sind. In Kenya sind die Schulgebühren für Sekundarschulen teilweise abgeschafft. Der amerikanische Ökonom Andrew Brudevold-Newman untersuchte die „Bildungsgewinne“, die durch die teilweise Abschaffung der Schulgebühren in Kenya lukriert werden konnten:

  • Die jungen Menschen fanden deutlich leichter qualifizierte Arbeit.
  • Bei Mädchen sank die Wahrscheinlichkeit, vor dem 20. Lebensjahr zu heiraten oder schwanger zu werden um bis zu 50 Prozent.

Herausforderung: Finanzierung der Bildung

Ghana rechnet mit über 100 Millionen Dollar (rund 83 Mill. Euro) pro Jahr, um den rund 400.000 Kindern, die jährlich mit der Sekundarschule beginnen, einen freien Zugang zu ermöglichen. Das bringt das verschuldete Land mit seinen 28.657.000 EinwohnerInnen in die Nähe einer Schuldenkrise (Staatsverschuldungsquote 74 %). Vor ähnlicher Herausforderung stehen viele Entwicklungsländer. Laut UNESCO sind insbesondere die ärmsten Staaten betroffen.

Mit den „Zielen für nachhaltige Entwicklung“ („Sustainable Development Goals“) der UNO verpflichtete sich die Weltgemeinschaft per 1.1.2015 unter anderem dazu, hochwertige Bildung und bis zum Jahr 2030 allen Kindern und Jugendlichen weltweit einen Zugang zu einer Grund- und Berufsbildung zu ermöglichen (Ziel 4). Dafür müssten laut UNESCO – „Education for All Global Monitoring Report“ – die Bildungsausgaben auf 340 Milliarden Dollar (rund 284 Mrd. Euro) pro Jahr erhöht werden (derzeit knapp 150 Milliarden Dollar, rund 125 Mrd. Euro).

Artikel 26 der Menschenrechtskonvention sieht vor: „Jeder hat das Recht auf Bildung. Die Bildung ist unentgeltlich, zum mindesten der Grundschulunterricht und die grundlegende Bildung. …“

Die in Österreich zur Diskussion stehende Implementierung eines Ethikunterrichtes würde je nach Modell (statt dem Fach Religion, ergänzend zu Religion, als Teil eines anderen Unterrichtsfaches) 33  bis 106 Millionen Euro pro Jahr kosten. (Standard, 17. März 2017)

Quellen und links

Neue Zürcher Zeitung, Ghana schafft die Schulgebühren auf Sekundarschulstufe ab – das ist ein revolutionärer Schritt, 15.9.2017, Fabian Urech

UNESCO – „Education for All Global Monitoring Report“

Ghana – wikipedia

Sustainable Development Goals der UN

Der Standard, 20 Jahre Ethikunterricht zwischen Pflicht, Luxus und Freistunde, 14. März, Lisa Nimmervoll

Menschenrecht Artikel 26 – auf 1-sicht

 

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Freihandelsabkommen zwischen Afrika und EU – Fluch oder Segen?

Angesichts der zahllosen Menschen, die Afrika verlassen und sich in Europa niederlassen wollen, versucht Europa – neben Aktionen wie ‚Schließung der Westbalkanroute‘ und ‚Sperren des Mittelmeeres‘ – auch langfristig sinnvolle Maßnahmen umzusetzen,  die die Fluchtursachen (Kriege, Hunger, Dürre, wirtschaftliche Not, Seuchen etc.) verringern.

Die Bekämpfung der Fluchtursachen wird jedoch durch die Handelspolitik konterkariert, konstatiert Thomas Otto im Deutschlandfunk am 28.8.2017.

In sogenannten Wirtschaftspartnerschaften sollen die Länder Afrikas ihre Märkte für EU-Produkte stärker öffnen – sonst können sie ihre Produkte nicht mehr vergünstigt nach Europa exportieren. Gleichzeitig sichert sich die EU Zugang zu wertvollen Ressourcen, die in Europa zum Beispiel für Computerchips benötigt werden. Wertschöpfung findet bei uns statt – und nicht in Afrika.

Europäische Wirtschaftspartnerschaftsabkommen EPA, definieren die Handelsbeziehungen der EU bzw. ihrer Mitgliedsstaaten mit anderen Staatengruppen. Eines der von Thomas Otto kritisierten EPAs könnte jenes mit der „Southern African Development Community Economic Partnership Agreement States“  (SADC EPA Staaten) sein. Die SADC EPA Staaten sind Namibia, Botswana, Swasiland, Südafrika und Lesotho. Das EPA mit den SADC EPA Staaten ist seit Oktober 2016 in Kraft. Es wurde von allen Mitgliedsstaaten der EU, der Europäischen Union selbst und Namibia, Botswana, Swasiland, Südafrika und Lesotho unterzeichnet und regelt in 122 Artikeln, 6 Anhängen und 4 Protokollen, welche Güter in welchen Jahren in welchem Ausmaß gehandelt werden.

Mit diesem Freihandelsabkommen erhielten Namibia, Botswana, Swasiland und Lesotho einen zollfreien Zugang zum EU-Binnenmarkt. Südafrika als stärkere Volkswirtschaft muss nur auf einen sehr kleinen Anteil seiner EU-Exporte Abgaben zahlen. Im Gegenzug mussten die afrikanischen Länder ihre Märkte für Produkte aus Europa öffnen und Zölle für 86 Prozent der Einfuhren beseitigen.

Kritik an Freihandelsabkommen

Die EU-Kommission rühmte das Abkommen, denn die ärmsten Länder hätten nun die Möglichkeit, „aufgrund der abgeschafften Zollschranken europäische Waren zu einem geringeren Preis zu importieren“. Befürworter glauben an Wachstum, Innovation, Anreiz für Reformen, erleichterten Zugang zu technischem Wissen.

Andererseits warnen Kritiker wie zum Beispiel die Organisationen Oxfam und Brot für die Welt vor den negativen Auswirkungen der Freihandelsabkommen. Der Verzicht der Zölle reduziere die Staatseinnahmen, die in Infrastrukur, Bildung, Gesundheit investiert werden (Marita Wiggerthale, Agrarexpertin bei der Entwicklungsorganisation Oxfam). Außerdem können die regionalen Landwirtschaftsprodukte mit den Produkten der hochsubventionierten EU-Landwirtschaft nicht mithalten. Die lokalen Märkte werden zerstört. (Francisco Mari, Referent für Handelspolitik beim evangelischen Hilfswerk Brot für die Welt).

Auf den Märkten südlich der Sahara findet man massenweise italienisches Tomatenmark, deutsche Hühnerschenkel oder Nestlé-Milchpulver. Afrikanische Bauern können dagegen ihren erleichterten Marktzugang zur EU gar nicht ausschöpfen: Ihre Güter sind sowohl im eigenen Land als auch in Europa teurer als die künstlich verbilligten europäischen Produkte. (Süddeutsche Zeitung, 23. November 2016)

Insbesondere die europäische Fleisch- und Milchindustrie produziere Überschüsse, die von Konzernen nach Afrika exportiert werden.

Eine Folgenabschätzung geht davon aus, dass das EPA mit den SADC EPA Staaten den Anteil der Menschen, die mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen müssen, in Südafrika bis 2035 gerade einmal um 0,02 Prozent senken wird. In Namibia liege der Wert bei 0,03 Prozent.

Die Grenze zur extremen Armut liegt jedoch bei 1,25 Dollar pro Tag.

Quellen und links

Deutschlandfunk, 28. August 2017

Süddeutsche Zeitung, 23. November 2016

EURACTIV, 11. Oktober 2016

Europäisches Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) – September 2016

OXFAM

Brot für die Welt

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Wie Hacker das Vertrauen in das US-Wahlsystem unterminieren

Im Jahr 2009 hatten 59% der AmerikanerInnen Vetrauen in das US-Wahlsystem, 40% hatten keines. 2015 war es umgekehrt, 40% vertrauten. Kurz vor der Präsidentschaftswahl im November 2016 lag das Vertrauen bei 30%. 69% der BürgerInnen der USA hatten 2016 kein Vertrauen in ihr Wahlsystem. Das Magazin Time zitiert in Ausgabe 31. Juli 2017 diese Ergebnisse des Meinungsforschungsinstitutes Gallup in dem Artikel “ The secret history of election 2016″.

Genau dieser Vertrauensverlust könnte das Ziel diverser Hackerangriffe und -störungen der vergangenen Monate, die – initiiert von Moskau – nicht neu, in ihrem Tiefgang und damit ihrer Wirkung aber noch nicht dagewesen sind.

  • Im Juni 2016 meldeten WählerInnen des Riverside County (Kalifornien) im Zuge der Vorwahlen, dass sie ihre Stimme nicht abgeben konnten, weil ihre Registrierung nicht möglich war.
  • Drei Wochen später gelang der Eintritt in das Computersystem des Wahldistrikts 109 in Illionois. Dabei wurde Schadsoftware aufgespielt (SQL injection) und damit Zugriff auf 15 Millionen Datensätze von vergangenen und zukünftigen WählerInnen ermöglicht. Dieser Angriff blieb ungefähr 3 Wochen unbemerkt. Als versucht wurde, die Datensätze herunterzuladen, wurde ein Alarm aktiviert. 90.000 Files waren gestohlen worden, davon 75.000 mit persönlichen Daten wie Führerscheinnummer und die letzten 4 Ziffern der Sozialversicherungsnummer.
  • Etwa zur gleichen Zeit verzeichnete Arizona einen ähnlichen Angriff.
  • Mitte August wurden Angriffe in die Wahlsysteme Floridas und New Mexicos registriert.
  • In Tennesse wurde das stattliche Kampagnenfinanzierungssystem gehackt.
  • Im Oktober 2016 verzeichnete  die Software Firma VR Systems, die Wahlsoftware für mindestens 8 Bundesstaaten zur Verfügung stellt, einen Angriff, bei dem eine vermeintliche Firmen-E-Mail ausgesandt wurde, in der gegen MitarbeiterInnen von Wahlbehörden kampagnisiert wurde.

Es wurde klar, die Angriffe haben System. In Illionois existierte ein komplettes Backup von allen Daten vor dem Hackerangriff. So konnte das Federal Bureau of Investigation (FBI) nachvollziehen, dass der Angriff auf Änderung und Löschung von Wählerdaten (Namen und Adressen der WählerInnen) abzielte. Aufgrund der aufgezeichneten IP-Adressen war es möglich, die Quelle des Angriffes zu identizieren: eine Gruppe namens Fancy Bear, die als ein Arm des russischen Militärnachrichtendienstes GRU agiert.

Mittlerweile weiß man, dass mehr als 20 Staaten und lokale Wahlsysteme online angegriffen wurden. Der damalige Koordinator für Cybersicherheit, Michael Daniel, berichtet davon, dass die Angriffe unterschiedlich erfolgreich verliefen. Da Russlands staatliche Hacker zu den bestausgebildeten Cyberaktivisten der Welt zählen, geht man davon aus,  nur die ungeschicktesten Versuche entdeckt zu haben. Die Tatsache, dass in manchen Staaten keine Angriffe gesehen wurden, heiße bloss, dass man sie nicht gefunden hat.

3 Wege, das US-Wahlsystem zu unterminieren

In der zunehmend hitziger werdenden Vorwahlphase nahm das Weiße Haus 3 mögliche Wege an, wie Russland die Integrität der US-Wahlen zerstören könnte.

  1. unauffällige Änderung der  Wählerdateien –  zum Beispiel Löschung eines Buchstaben in jeder Adresse. Dies würde dazu führen, dass WählerInnen am Wahltag mittels provisorischem Stimmzettel wählen müssen.  Das würde den Eindruck von Chaos erwecken und Propagandisten die Möglichkeit bieten, die Wahl grundsätzlich in Frage zu stellen.
  2. Manipulation der Wahlmaschinen – und davon ein Video auf youtube veröffentlichen, in dem gesagt wird, dass derartige Manipulationen tausende Male vollzogen wurden. Das würde Zweifel an allen Wahlmaschinen des Landes säen.
  3. Beeinflussung der Wahlberichterstattung. Das Auszählsystem ist dezentralisiert und gründlich. Das dauert lange, gibt aber Verlässlichkeit. In der Aufgeregtheit von Wahlnächten verlassen sich Medien auf die Angaben der Associated Press (AP). Greift ein Hacker in die Daten der AP ein, entsteht Chaos.

Diese Annahmen vor Augen, wurde von Justizministerium (department of justice), FBI und Ministerium für Heimatschutz (department of homeland security, DHS) ein Notfallplan entwickelt, wie sich Wahlbehörden am Wahltag gegebenenfalls zu verhalten haben. Auch Maßnahmen seitens DHS, FBI und des nationalen Nachrichtendienstes sowie des Verteidigungsministeriums (department of defence) waren für den Fall einer Cyberattacke während der Präsidentschaftswahl vorgesehen.  Der Notfallplan selbst wurde von einigen Staaten mit Mißgunst kommentiert, da man ihn als Zeichen der Einmischung in die Wahl, die eine bundesstaatliche Angelegenheit ist, interpretierte.

Der Wahltag, 8. November 2016, verlief ohne offensichtlichen spektakulären online-Angriff. Donald Trump wurde zum 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Die Zweifel an der Korrektheit der Wahl beschäftigen Politik und Medien nach wie vor, ebenso die Rolle des gewählten Präsidenten im Zusammenhang mit den Russland zugeschriebenen Cyberangriffen.

Quellen und links

Magazin TIME, 31. Juli 2017

Magazin TIME online

zur US-Wahl auf 1-sicht

Über das Menschenrecht auf allgemeines und gleiches Wahlreicht auf 1-sicht

Mails hacken war gestern – 1-sicht vom 14. Juni 2017

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Little Berlin – Was hat ein deutsches 55-Seelen-Dorf mit Berlin gemeinsam?

Schon vom Parkplatz sieht man sie. Von jeder Stelle des 55-Seelen-Dorfes – mehr Landschaft als Ort – hier im Südosten Deutschlands sieht man sie. Jene Mauer, die Mödlareuth, knapp 300 Kilometer von Berlin entfernt, einst den Beinamen Little Berlin eintrug und jetzt Anziehungspunkt für Reisende ist, die an der jüngeren Geschichte Deutschlands und Europas interessiert sind.

Das Ende der Dorfgemeinschaft

Die lose Ansiedlung von Bauerngehöften gehört seit gut 200 Jahren zu verschiedenen Landesherren (Fürstentum Reuss und Königreich Bayern) und liegt seit dem Ende des 1. Weltkriegs auf thüringischem und bayrischem Boden diesseits und jenseits des schmalen Tannbachs. Das störte weder die Machthaber noch die Bauern.

Zum Verhängnis wurde dem kleinen Mödlareuth das bittere Ende der unrühmlichen Idee vom großdeutschen Reich. Thüringen wurde der russischen Einflusssphäre zugeteilt, Bayern der US-amerikanischen. Thüringen DDR, Bayern BRD. Mödlareuth zerrissen. Anfangs durfte der Tannbach, der nun zur Demarkationslinie geworden war, mit Passierschein überquert werden. In der Nachkriegslogik war dies auf Dauer zu gefährlich. Ab 1952 wurden Befestigungsanlagen errichtet. Dem einfachen Stacheldrahtzaun folgte der doppelreihige, diesem 1964 eine Wand aus Beton- und Holzelementen. Doch auch Blickkontakt zwischen den ‚Klassenfeinden‘ galt es zu verhindern. Der Bruder auf thüringischem Boden durfte es nicht wagen, in Richtung Gehöft seiner Schwester auf bayrischem Boden zu blicken. Also nahm man sich ein Beispiel an Berlin und errichtete 1966 – 5 Jahre nach dem Berliner Vorbild – auf thüringischem Boden eine Mauer. In Berlin stellte man sie direkt vor die Küchenfenster der BewohnerInnen, in Mödlareuth mitten in die Landschaft.

Bewaffnetes Wachpersonal patroullierte in Begleitung von Hunden, hatte auf Türmen alles von oben im Blick, achtete Tag und Nacht auf die Einhaltung der Ver- und Gebote, insbesondere des Gebotes, der Mauer fernzubleiben. Der Streifen vollkommen grasloser Erde war stets perfekt geeggt, nächtens vom Scheinwerferlicht erhellt und somit jederzeit einsatzbereit für das analoge Erfassen des Fußabdruckes von Personen, die der Mauer zu nahe kamen.

War es auf  DDR-Seite mit Gefahr für Leib und Leben verbunden, sich der Mauer zu nähern, so war das 700 Meter lange Bauwerk auf der BRD-Seite Inszenierungsstätte für offizielle wie private Solidaritätskundgebungen mit den Landsleuten in der DDR.

die Mauer in Mödlareuth
Bau der Mauer in Mödlareuth, 1966; Foto: http://moedlareuth.de/geschichte.html

Die Sperrmauer in Mödlareuth:

  • errichtet 1966
  • Länge: 700 Meter
  • Höhe: 3,40 Meter
  • außerhalb der eigentlichen Ortslage: Metallgitterzaun, an dem bis 1983 auch Selbstschussanlagen montiert waren
  • abgetragen 1990

Das Ende der Mauer – doch nicht ganz

Nach der Revolution im Jahr 1989 sollte die Mauer wie ihr Berliner Vorbild fallen. Im Juni 1990 traten die Abrissbirnen  ihren Dienst an. Doch ein Stück der Mauer samt Grenzanlage und Wachtürmen wurde den nachfolgenden Generationen als Mahnmal hinterlassen.

Als solches steht sie nun in der kleinen zerstreuten Ansiedlung und erinnert an den Wahnwitz von Ideologien, die das Trennende über das Gemeinsame stellen.

Das Ende der Geschichte? – Im deutsch-deutschen Museum

Das deutsch-deutsche Museum Mödlareuth widmet sich ganz der Geschichte des geteilten Deutschlands.

Im Erdgeschoß: eine Filmvorführung. Das Auditorium ist bis auf den letzten Platz besetzt. Die Atmosphäre ist unbehaglich, in den Mienen vermeint man Betroffenheit zu lesen. Mit reichlich Originalmaterial entführt der Film in die 1940er und 1950er Jahre. Er erzählt vom Bau der Mauer. Man erlebt geteiltes Leben und weint schließlich Tränen der Wiedervereinigung mit den Menschen in Mödlareuth des Jahre 1989.

Im ersten Stock: Zeitungsberichte, öffentliche Anweisungen, Ge- und Verbotsaushänge, Fotos.  Sie vermitteln eine Vorstellung davon, wie die Teilung realisiert und über 40 Jahre lang aufrechterhalten wurde. Und wie schließlich die Bürgerinnen und Bürger revoltierten und eine neue Ordnung herbeiführten.

Das letzte Foto des Rundganges berührt tief. Als es Gegenwart war, markierte es eine Zäsur in der Geschichte Europas: Der österreichische Außenminister Alois Mock und sein ungarischer Amtskollege Gyula Horn schneiden am 2. Mai 1989 den Grenzzaun zwischen Ungarn und Österreich durch. Es wurde ein ikonografisches Bild für das Fallen des Eisernen Vorhangs, für die Wiedervereinigung Europas. Der Text, dem es beigestellt ist, trägt die Überschrift ‚Das Ende der Geschichte?‘

Mock und Horn, die Außenminister Österreichs und Ungarns durschneiden 1989 den Eisernen Vorhang
Die Außenminister Österreichs und Ungarns, Alois Mock und Gyula Horn, durchschneiden den Eisernen Vorhang; 1989

Wieder im Freien schmeckt die Luft nach Sommer und Freiheit. Mödlareuths Mauer steht mahnend in der Wiese.

Mödlareuth, Mauer, 2016
Die Mauer in Mödlareuth, 2016

Quellen und links

Mödlareuth – wikipedia

Deutsch-deutsches Museum

Das geteilte Dorf am Ende der Welt, Welt, 25.1.2013

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Mails hacken war gestern.

Heute kapert man Twitter-Accounts von Ministeriumsmitarbeitern.

Dies legt jedenfalls ein Bericht der US-Spionagejäger vom 2. März 2017 über russische Spionageaktivitäten  nahe. (TIME, 29. Mai 2017: Hacking democracy – inside Russia’s social media war on America)

Es scheint Hinweise darauf zu geben, dass Russland sich nicht mehr damit begnügt, E-Mails oder websites zu hacken. Vielmehr soll es im Jahr 2016 während des Präsidentschaftswahlkampfes in den USA über 10.000 Twitter-Accounts von MitarbeiterInnen des Verteidigungsministeriums infiziert haben. Man schickte zielgerichtet Nachrichten, zum Beispiel von Sport- oder Kulturveranstaltungen des Vortages. Der zugehörige link führte zu russisch kontrollierten Servern, die ein Programm installierten, das sich Zugriff auf das smartphone oder den Computer und damit auf den Twitter-Account nahm. Ab diesem Zeitpunkt war der ursprüngliche Account-Betreiber nicht mehr Herr über seine Nachrichten, der Account wurde auch von jemand anderem benutzt.

Von offiziellen Personen können also Nachrichten ausgehen, die diese gar nicht aussenden. Was kann es im Fall einer Naturkatastrophe oder eines Anschlages nach sich ziehen, wenn aus den Ministerien von fremder Hand gesteuerte Botschaften an die Bevölkerung gehen? Was bedeutet es für Informationsbeschaffung, Meinungsbildung allgemein und insbesondere im Zuge von Wahlkämpfen, wenn der Absender einer Nachricht in Wahrheit gar nicht der Absender ist. Die social media-Technologien, so zitiert TIME Forscher und Geheimdienstspezialisten, machen es möglich, die Grundfesten des demokratischen politischen Systems zu unterminieren.

Social Media-UserInnen sind offene Bücher

Wer auf den Plattformen von Twitter, Facebook und Co postet, liked, sonstwie Stellung bezieht, generiert eine riesige Datenmenge, die – weil von großem kommerziellen Interesse – gesammelt und gespeichert wird. Mittels mathematischer Formeln, Algorithmen, segmentiert man die unüberschaubare Datenflut in kleine Gruppen mit jeweils charakteristischen Merkmalen wie Kulturgeschmack, politischer Neigung, Religion. Innerhalb dieser erkennt man diejenigen, die am stärksten beeinflussbar sind und ihrerseits Einfluss haben. Mit maßgeschneiderten Botschaften wird versucht deren Meinungen und schließlich (Wahl-)Verhalten zu verändern. Auch Journalisten, die als beeinflussbar erscheinen, werden auf diese Weise aufgespürt und mit starken aber gefälschten Geschichten ‚versorgt‘. Diese Aufgabe übernehmen neben Menschen auch Trolle und Bots und andere von Menschenhand geschaffene künstliche Charaktere.

Troll-Farmen und fake-news-outlets

Bereits in 2012 soll Russlands Präsident Vladimir Putin Geheimdienstressourcen in die Errichtung von Troll-Framen, botnet-Aktivitäten und fake-news-outlets gelenkt haben.

Das Gerücht, Russland habe den US-Präsidentschaftswahlkampf 2016 via social media-Aktivitäten beeinflusst, hält sich – nicht nur unter VerschwörungstheoretikerInnen. Und es könnte etwas Wahres daran sein. ForscherInnen der Universität von Südkalifornien fanden heraus, dass rund 20% der politischen Tweets im Zeitraum 16. September bis 20. Oktober 2016 von bots unbekannter Herkunft stammen. Möglicherweise spielen dabei gemäß Untersuchungen des Kongresses auch 2 dem Präsidenten Trump nahestehende Organisationen eine Rolle:

  • Cambridge Analytica, an Datenanalysefirma, die zum Teil einem Sponsor des Präsidenten, Robert Mercer, gehört.
  • Breitbart News, eine Nachrichtenwebsite, die ehemals vom Berater des Präsidenten, Stephen Bannon, geführt wurde.

Politikveteranen halten die tatsächlichen Einflussmöglichkeiten von Cambridge Analytica für begrenzt und das Unternehmen selbst sagt, keine Verbindungen zu Russland zu haben.

Nachweislich war in den Staaten Michigan, Wisconsin und Pennsylvania, die zu den wahlentscheidenden Swing-Staaten zählten, die Aufmerksamkeit auf Anti-Clinton-Berichte und fake-news gezogen.

Kontrolle versus Freiheit

Es scheint eine neue Wachheit bezüglich der Einflussmöglichkeiten innerhalb und durch social-media-Plattformen zu geben – sowohl bei den Geheimdiensten und PolitikerInnen, als auch bei Google, Twitter, Facebook. Diese setzen laut TIME Sicherheitsthemen verstärkt auf ihre Agenda, zumal davon ausgegangen wird, dass zukünftig die künstlichen Charaktere wie Trolle und Bots auch emotionsgeladene Botschaften zu formulieren imstande sein werden und diese nicht mehr von jenen der echten Menschen unterschieden werden können.

Die Frage ist, wie man zugleich Kontrollieren und die persönlichen Freiheitsrechte wahren kann. Wie im realen erleben wir auch im virtuellen Raum die Spannung zwischen Sicherheit und Freiheit.

Quellen und links

TIME, 29. Mai 2017, Hacking democracy – inside Russias’s social media war on America, von Massimo Calabresi

Time online

über cambridge analytica auf 1-sicht (Der Milliardär Robert Mercer und sein Propagandanetzwerk)

und noch einmal cambridge analytica auf 1-sicht (Mit dem OCEAN-Modell im Big-Data-Ozean fischen)

über Swing States 2016 auf politico

über die US-Präsidentschaftswahl 2016 auf wikipedia

über die US-Präsidentschaftswahl 2016 auf 1-sicht

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Der Kampf zwischen Globalismus und Nationalismus

Jene Kräfte, die den Nationalismus im Westen zu einer Krise werden ließen, globalisieren sich. So lautet Ian Bremmers Befund im Magazin Time vom 22. Mai 2017 (‚The wave to come‘). Die Wahlergebnisse der jüngeren Vergangenheit – der pro-europäische Emmanuel Macron wird im April in Frankreich zum Präsidenten gewählt, bei den Wahlen in den Niederlanden im März bleibt entgegen den Vorwahlprognosen „der Triumph des Rechtspopulisten Geert Wilders aus“ (www.uni-muenster.de) – sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Krieg zwischen Globalismus und Nationalismus gerade begonnen hat.

Man blicke auf Ungarn und Polen, die zunehmend illiberal werden. Die Brexit-Verhandlungen schicken sich an, übel zu werden. Anti-EU-Haltungen innerhalb Europas nehmen zu. Trumps Affinität zu autoritären Führern wie Türkeis Recep Tayyip Erdogan, Ägyptens Abdul Fattah al-Sisi und Rodrigo Duertes von den Philippinen seien Zeichen von Umbrüchen.

Ursachen für Nationalismus

Der Nationalismus, so Bremmer, ist lebendig, weil die Probleme, die ihn hervorbrachten, ungelöst sind. Eine wachsende Anzahl an Menschen in den reichsten Ländern der Welt fürchtet, dass die Globalisierung ausschließlich dem Wohl der Elite dient, der Nationen und Grenzen einerlei sind. Wie die Finanzkrise sich von Europa ausgehend auf die ganz Welt ausbreitete, werde dies auch der Nationalismus tun. Mit unvorhersehbaren Folgen in Staaten, in denen die Regierungen schlechter gerüstet sind, die Institutionen schwächer sind, als jene in den europäischen Staaten und der USA.

Das Aufkommen einer Mittelschicht ist eine Errungenschaft der Geschichte. Milliarden Menschen konnten Armut hinter sich lassen und erhielten Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Doch noch gilt das nicht für alle Menschen. Die Zurückgelassenen sehen zunehmend deutlich, was ihnen entgeht, und sind zur Migration bereit. Die Mittelschicht in der westlichen Welt ist durch Auslagerung von Produktionsstätten und technologischen Veränderungen der Arbeitswelt vom Rückfall in die Armut bedroht. Zugleich ist sie mit Zuwanderern aus fernen, fremden Weltgegenden mit anderen ethischen und religiösen Vorstellungen, anderen Sprachen, anderem Aussehen konfrontiert. Das fügt der Angst vor Wohlstandsverlust die Angst vor Identitätsverlust hinzu.

Ungleichheit innerhalb einer Gesellschaft wird mit dem Gini-Koeffizient gemessen. In China, Brasilien, Mexiko und Saudi Arabien ist er hoch, die Ungleichheit also groß. Was mag zum Beispiel in Saudi Arabien mit seiner stark wachsenden Bevölkerung und seiner großen Zahl junger Menschen geschehen, wenn zunehmende Bevölkerungsanteile vom Wohlstand ausgeschlossen bleiben?

nationalistische Lösungsansätze

Im Westen setzen nationalistische PolitikerInnen auf das (vermeintliche) Versprechen, ‚das Volk‘ gegen die ‚rücksichtslosen Eliten‘, gegen ‚die Fremden‘ zu schützen. Sie zeichnen das Bild vom ‚Wir‘ gegen ‚Die‘. Anderswo taugen zum ‚Die‘ auch andere Länder, was rasch in einen militärischen Konflikt ausarten kann.

Als Lösung wird das Bauen von Mauern – tatsächlichen wie strukturellen – angepriesen:

In China beispielsweise, wird an einem Modell gearbeitet, Gutpunkte für ökonomisches und soziales Wohlverhalten zu vergeben. Ziel: die Entwicklung einer ‚harmonischen Gesellschaft‘ .

In Indien hat die Regierung biometrische Daten von über 900 Millionen BürgerInnen für ihr ’nationales Identitätsprogramm‘ gesammelt.

alternative Lösungsansätze

In Finnland erhalten testweise 2000 Arbeitslose ein Grundeinkommen von netto ca. 600 US-Dollar (rund 530 Euro). Sollten die EmpfängerInnen Arbeit finden, dürfen sie weiterhin Grundeinkommen beziehen. Dem Experiment liegt folgende Annahme zugrunde,

  • zukünftige Arbeitsformen werden zunehmend auf Teilzeit- oder selbstständiger Basis sein
  • ein Grundeinkommen erhöht die Bereitschaft , sich auf Teilzeit oder Selbstständigkeit einzulassen
  • die für den Transfer von Sozialleistungen bisher nötige Bürokratie kann reduziert werden.

In Kanada, Niederlanden, Schottland und Oakland/Kalifornien planen lokale Regierungen ähnliche Experimente.

Singapurs Regierung schuf ein individuelles Lern-Konto, um jede Bürgerin, jeden Bürger über 25 mit Finanzmitteln für Ausbildung zu versorgen.

Bremmers Appell: Mit den Ursachen für Populismus umzugehen ist eine ähnlich große Herausforderung, wie die Ursachen des Klimawandels in Griff zu bekommen. Beiden Herausforderungen muss man sich stellen. Andernfalls überhitzt die Welt und nehmen die Spannungen zu. Und diesbezüglich sitzen wir alle im selben Boot.

Quellen und links

TIME, 22. Mai 2017, Artikel ‚The wave to come‘

TIME online

Uni Münster

Gini-Koeffizient auf wikipedia

zu Populismus auf 1-sicht:

Das Desktruktive in der Normalität

Populisten und ihr demagogisches Panorama

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Internationale Waffentransfers – höchster Anstieg seit 1990

Das schwedische Institut SIPRI – Stockholm International Peace Research Institute – stellte in seinem diesjährigen Bericht über internationale Waffentransfers einen weltweiten Anstieg fest, den höchsten seit 1990. In den Jahren 2012-2016 war das Transfervolumen um 8,4 % höher als 2011-2015.

Die 5 größten Exporteure mit insgesamt 74% des Exportvolumens sind in den Jahren 2012-2016 in folgender Reihenfolge:

  • USA
  • Russland
  • China
  • Frankreich
  • Deutschland

Die fünf größten Importeure mit insgesamt 34% des Importvolumens sind in den Jahren 2012-2016 in folgender Reihenfolge

  • Indien
  • Saudi Arabien
  • Vereinigte Arabische Emirate
  • China
  • Algerien
Trends in international arms transfers 2012-16
Internationale Waffentransfers; Quelle: SIPRI

Exporteure von Waffen

57 Staaten exportierten im Zeitraum 2012-2016 Waffen. Größte Waffenexporteure waren die USA, verantwortlich für 33% aller Exporte in dem Zeitraum. Sie belieferten 103 Empfänger. Russland war in dem Zeitraum mit 23% zweitgrößter Exporteur und belieferte 51 Empfänger, wobei 70% seiner Exporte an Indien, Vietnam, China und Algerien gehen. Der drittgrößte Exporteur, China, steigerte seinen Anteil um 74% in 2012-2016 verglichen und überholte die Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien.

The 20 largest major arms exporters 2012-16

Die 20 größten Waffenexporteure 2012-2016; Quelle: SIPRI

 

Die 5 größten Waffenexporteure in 2012-2016 und ihre Empfänger; Quelle: SIPRI

Importeure von Waffen

155 Staaten importierten große Waffen und Waffensysteme. Von diesen liegen 43% in Asien&Ozeanien, 29% im Mittleren Osten. Indien ist der weltweit größte Waffenimporteur und steigerte seinen Anteil von 9.7% auf 12,8% in 2012-2016. Saudi Arabien arbeitete sich vom 11. Platz (2,9%) auf den 2. Platz mit einem Anteil von 8,2% vor. Auch 6 Rebellengruppen identifizierte SIPRI als Waffenempfänger. Zwar gehen auf ihr Konto nur 0,02% am gesamten Transfervolumen, jedoch spielen sie eine erhebliche Rolle in regionalen Konflikten (zB in der Ostukraine, Syrien, Israel/Palestina).

The 20 largest importers of major arms 2012-16
Die 20 größten Waffenimporteure 2012-2016; Quelle: SIPRI
Die 5 größten Waffenimporteure 2012-2016 und ihre Lieferanten; Quelle: SIPRI

Stockholm International Peace Research Institute – SIPRI

SIPRI misst das Volumen der Waffentransfers – basierend auf Daten und Schätzungen – am Produktionswert, nicht am Handelswert. Es geht um den militärischen Wert, nicht um den Geldwert der Transfers. Ermittelt wird der TIV (trend-indicator value), der einen Vergleich und das Abschätzen von Trends über Jahre und Jahrzehnte ermöglichen soll. Gebrauchte Waffen werden mit Abschlägen kalkuliert. Einberechnet werden neben dem Wert von physischen Ein-/Verkäufen der Transfer von Technologie und die Übertragung von Lizenzen, die den Empfängern die Produktion und den Zusammenbau von Waffen erlauben. Nicht einberechnet hingegen werden Waffen für zB Personenschutz sowie der Transfer gestohlener Waffen.

SIPRI, gegründet 1966, verfügt nach eigenen Angaben über Daten  seit 1950.

Quellen und links

SIPRI

Factsheet SIPRI Waffenimporte und -exporte 2012-2016

Über Waffentransfers auf 1-sicht

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Hungersnot im Südsudan – 4,9 Millionen Menschen hungern

Das World Food Programm der UNO (WFP) definiert Hungersnot als 5. Stufe von 5 Stadien krisenhafter Ernährungssituation mit folgenden Kriterien:

  • mindestens 30 Prozent der Bevölkerung sind akut unterernährt
  • pro Person stehen weniger als vier Liter Wasser am Tag zur Verfügung
  • die Menschen haben kaum Zugang zu Nahrungsmitteln und nehmen sehr viel weniger als die vom Körper benötigten 2.100 Kilokalorien am Tag zu sich
  • ein großer Teil der Bevölkerung hat die gesamte Lebensgrundlage verloren und sieht keine Möglichkeit, ein Einkommen zu erwirtschaften
  • mindestens zwei von 10.000 Menschen sterben täglich an Nahrungsmittelmangel

Nach dieser Definition herrscht in  2 Regionen des Südsudans eine Hungersnot, von der mehr als 40 Prozent der Bevölkerung betroffen ist, das sind 4,9 Millionen Menschen. WFP schätzt, dass die Zahl der Hungernden im Juli 2017, wenn die Hungerperiode vor der nächsten Ernte ihren Höhepunkt erreicht,  auf 5,5 Millionen Menschen steigen wird.

Stufe 4 der UN-WFP-Definition beschreibt eine Situation, wo mehr als 15 % der Bevölkerung akut unter- oder mangelernährt sind. Das ist derzeit in folgenden sogenannten Hungerhotspots der Fall: Syrien, dessen Nachbarländern Libanon, Türkei, Jordanien, Irak und Ägypten, weiters Jemen, Nigeria, Somalia, Irak, im südlichen Afrika und in der Zentralafrikanischen Republik.

Im Jemen sind 17 Millionen Menschen von Hunger bedroht, das sind um 21 Prozent mehr als im Juni 2016.

Hungersnot – Tendenz steigend

Im Jahr 2016 hungerten weltweit 108 Millionen Menschen, 2015 waren es 80 Millionen. Hauptursache sind zivile Konflikte. Erschwert wird die Situation durch explodierende Nahrungsmittelpreise in lokalen Märkten und extreme Wetterbedingungen wie Dürren und schwankende Niederschläge infolge von El Niño.

Es wird damit gerechnet, dass die Zahl der hungernden Menschen weiter ansteigt.

Quellen und links

Hungersnot (UNO-World Food Programm)

Hungersnot im Yemen (UNO-World Food Programm)

Hungersnot 2016 (UNO-World Food Programm)

Global Report on Food Crisis 2017

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